ADAC-Jugendclub-Roller von 1996 - Instandsetzung mit WorldSkills-Unterstützung

10. April 2020

Die tägliche Realität beim Oldtimerhobby: Der ideelle Wert eines Fahrzeuges übersteigt den monetären Wert einer Reparatur, Instandsetzung oder Restaurierung teilweise deutlich. Und genau darum geht es beim ADAC Jugendclub-Roller von 1996. Der Marktwert erreicht vermutlich keine vierstellige Zahl, aber seine Geschichte macht ihn für seinen Besitzer, den ADAC, zu einem wertvollen Artefakt.

Wir freuen uns, dass auch WorldSkills Germany seinen Beitrag bei der Instandsetzung dieses einzigartigen Rollers leisten konnte. Wie? Durch die Expertise von Mariusz Dechnig, Bundestrainer für die Wettbewerbsdisziplin "Fahrzeuglackierer/in" und Fahrzeuglackiererin Johanna Kaiser, Teilnehmerin der WM der Berufe im russischen Kasan 2019. Darüber hinaus fanden einige Lackierarbeiten im Berufsbildungs- und Technologiezentrum Weiterstadt der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main statt. Das BTZ ist das von WorldSkills Germany zertifizierte Bundesleistungszentrum für Fahrzeuglackierer/innen und damit auch Trainingsort für internationale Berufswettbewerbe.

Wie der Roller zum ADAC-Jugendclub-Roller wurde

Albert Kockelmann, der ehemalige Leiter vom ADAC Klassik (Oldtimer-Bereich des ADAC), wurde 1996 mit der Aufgabe betraut, ein Angebot für Jugendliche ab 15 Jahre bis zum Erreichen des Mindestalters für den Auto- bzw. Motorradführerschein zu schaffen. So wurde der ADAC-Jugendclub ins Leben gerufen. Für die Namensfindung wurde damals ein Wettbewerb ausgelobt. Den Zuschlag erhalten hat „15/17 – der ADAC Jugend-Club“. Das Logo dazu war in Anlehnung an den Kilometerzähler eines analogen Tachos gestaltet. Die Ziffer „5“ in 15 ist leicht nach unten versetzt, wie die Kilometeranzeige die gerade auf 15 (das Alter in dem man erstmals ein motorisiertes Kraftfahrzeug, also Mofa, führen darf) springt. Die „7“ in 17 ist nach oben versetzt, wie ein Kilometerzähler, der kurz davor ist, auf die 18 - dem Mindestalter für den Auto- bzw. Motorradführerschein - zu springen.

Das Erkennungszeichen des Jugendclubs war ein von Yamaha Deutschland zur Verfügung gestellter Roller. Vor seinem ersten Einsatz wurde dieser zur Gestaltung dem renomierten Lackkünstler Walter Maurer übergeben. "Maurer hat die Lackteile in einem aufwendigen, frisch und dynamisch wirkenden Design lackiert, welches das 15/17-Logo mehrfach aufgreift", berichtet Jürgen Book, Leiter Classic Cars bei Glasurit. "Die rohen, schwarzen Plastikteile wurden von einem heute nicht mehr identifizierbaren Betrieb gelb lackiert, um den Bogen zum ADAC zu schlagen." Auf den gelben Teilen haben sich dann diverse Persönlichkeiten per Autogramm verewigt, u.a. die mehrfache Gewinnerin der Damenwertung der Rallye-Welt- und Europameisterschaft Isolde Holderied.

Johanna Kaiser, Teilnehmerin der WM der Berufe 2019 im russischen Kasan, unterstützt bei den Instandsetzungsarbeiten im BTZ in Weiterstadt, von WorldSkills Germany zertifiziertes Bundesleistungszentrum für Fahrzeuglackierer/innen.

Ausbilder und WorldSkills-Bundestrainer Mariusz Dechnig und seine Azubis im BTZ in Weiterstadt.

In der Folge wurde der Roller auf verschiedenen Messen und Ausstellungen gezeigt. 2001 wurde der Jugendclub, den Gewohnheiten und Vorlieben der Zielgruppe folgend, zu einem virtuellen, also Internet-basierten Club weiterentwickelt. In den folgenden Jahren wurde der Roller in der ADAC-Hauptverwaltung in München ausgestellt und verblieb dort bis zu deren Umzug 2011. Man entschied sich dann, den Roller an eine ADAC-Werbeagentur zu verleihen, allerdings geriet er daraufhin auch in Vergessenheit und verschwand.

Die Wiederentdeckung ...

Durch glückliche Umstände tauchte der ADAC-Jugendclub-Roller 2018 wieder auf. "Leider wurde er seit 2011 nicht gut behandelt, sodass mehrere Teile verkratzt, abgesplittert oder eingerissen waren", so Book. "Alle gelb lackierten Teile zeigten teils großflächige Lackabplatzungen. Eine partielle Lackreparatur war dadurch unmöglich."

Rundum beschädigt, nicht fahrbereit, ohne Schlüssel und Papiere war der Roller praktisch wertlos. Jegliche Instandsetzung hätte den Zeitwert kostenmäßig weit überschritten. Die einzig gute Nachricht war das die von Walter Maurer gestalteten Teilen bis auf einen 8 cm langen Riss in der Lenkerverkleidung gut erhalten waren und der Lackaufbau auch perfekt haftete.

Alle Beteiligten des ADAC waren sichtlich betrübt über den Erhaltungszustand. Angesichts seiner Lackierung und der speziellen Geschichte war jedoch schnell entschieden, den Roller zu erhalten. Dies wollte der ADAC gemeinsam mit Glasurit im Rahmen der FIVA-Partnerschaft realisieren. Die FIVA ist die Fédération Internationale des Véhicules Anciens, der Weltverband der Oldtimerclubs, und setzt sich für die Erhaltung und verantwortungsvolle Nutzung von historischen Fahrzeugen als bedeutsamen Teil unseres technischen und kulturellen Erbes ein. Im Januar letzten Jahres wurde vereinbart, den Roller im Sinne der Charta von Turin wiederherzustellen. Die Charta von Turin fasst die Leitsätze für Nutzung, Unterhalt, Konservierung, Restaurierung und Reparatur von historischen Fahrzeugen zusammen. Sie wurde 2013 verabschiedet und gilt insbesondere für Fahrzeuge älter als 30 Jahre. Obwohl der ADAC-Jugend-Roller noch keine 30 Jahre alt ist, war es allen Beteiligten wichtig, dennoch die in der Charta festgehaltenen Vorgaben umzusetzen.

... und Instandsetzung

Jürgen Book erinntert sich: "Beteiligt werden sollte Walter Maurer, der früher Leiter der Glasurit Design-Akademie war und immer noch Glasurit-Partner ist. Er hatte den Jugendclub-Roller ursprünglich lackiert und hatte in der Vergangenheit unter anderem mehrere BMW Art Cars mit Andy Warhol und Roy Lichtenstein gestaltet." Darüber hinaus schlug Martina Fischer, bei Glasurit Deutschland zuständig für Classic Car Colors, vor, dass Jugendliche die schadhafte Lackierung der gelben Teile des Jugendclub-Rollers instand setzen und damit die spezielle Tradition des Rollers fortsetzen sollten. Book selbst nutzte sein Netzwerk und brachte auch Mariusz Dechnig und das BTZ in Weiterstadt ins Spiel.

Walter Maurer war sofort bereit sein Werk wieder instandzusetzen. Parallel erfolgte die Beschaffung der teils mit vielen Unterschriften signierten Plastikteile als Neuteil. Beim Trittbrett war die Suche leider nicht von Erfolg gekrönt. Bei der Tachoverkleidung, auf der einige schwer entzifferbare Unterschriften erkennbar sind, aber glücklicherweise schon.

In Weiterstadt machten sich Mariusz Dechnig und sein Kollege Andrew Duffy ein Bild von den angelieferten Teilen. Es war klar, dass es ein Schüler-Lehrprojekt werden sollte. Luca Ebach, Amirali Nazari und Nassan Bozan führten die Arbeiten mit großem Enthusiasmus und mit Unterstützung von Johanna Kaiser, der WorldSkills-Teilnehmerin der WM 2019 in Kasan, durch.

Dank aller Beteiligten wurde der Roller wieder komplettiert und sieht nun wieder genauso aus wie 1996. Perfekte Übereinstimmung beim Farbton und der Oberflächenstruktur der Tropfen. Obendrein gelang es, einen originalen und vollständigen Schlosssatz zu finden.

Andrea Zeus (Vorstandsvorsitzende) und Hubert Romer (Geschäftsführer) freuen sich sehr darüber, dass WorldSkills Germany bei diesem Projekt mitwirken konnte. "Fachkräfte fehlen, handwerkliche Fähigkeiten und Wissen gehen in vielen Berufen verloren", so Hubert Romer. "Dieses Beispiel zeigt anschaulich die Faszination des Lackierberufes und welche fachliche Qualifikation bei der Lackinstandsetzung, Reparatur oder Restaurierung historischer Fahrzeuge notwendig ist."

"Könnte der Roller reden, wäre er sicher eines der glücklichsten Wesen des Planeten, denn mit dieser fulminanten Wiederkehr hätte er wohl nicht gerechnet", freut sich Book über den erfolgreichen Abschluss des Projektes.

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Ein Newsbeitrag über das Projekt erschien im WorldSkills Germany-Magazin. Weitere Fachbeiträge und Best-Practices aus dem Bereich berufliche Bildung finden Sie in unserem Fachmagazin für Talentmanagement, berufliche Wettbewerbe und außerschulisches Lernen >>

 

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