Die duale Berufsausbildung in Deutschland hat sich als effektives Modell etabliert, um junge Menschen auf eine berufliche Karriere vorzubereiten. Die Verbindung von theoretischer Ausbildung in Berufsschulen und praktischer Ausbildung in Unternehmen ermöglicht es den Auszubildenden, wertvolle Erfahrungen zu sammeln und eine solide Grundlage für ihre berufliche Zukunft zu legen. Angesichts der globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeit, ist es unerlässlich, dass die duale Berufsausbildung die Integration dieses wichtigen Themas und der 17 internationalen Nachhaltigkeitsziele in ihre Lehrpläne und Ausbildungsinhalte berücksichtigt.
Die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeit in Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt erfordert eine breitere Integration dieses Themas in alle Bereiche des Lebens. Die duale Berufsausbildung, als eine der wichtigsten Säulen der beruflichen Bildung in Deutschland, sollte hierbei eine Vorreiterrolle einnehmen. Indem sie den Auszubildenden die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, um nachhaltig zu handeln, werden sie nicht nur auf die aktuellen Anforderungen des Arbeitsmarkts vorbereitet, sondern auch dazu ermutigt, eine positive Veränderung in ihren zukünftigen beruflichen Tätigkeiten zu bewirken.
Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn hat im Jahr 2021 neue Standardberufsbildpositionen veröffentlicht, um den aktuellen Entwicklungen in der Arbeitswelt gerecht zu werden. Diese neuen Positionen bieten eine gute Gelegenheit, das Thema Nachhaltigkeit in die duale Berufsausbildung zu integrieren. In den dazugehörigen Broschüren und in der Video-Reihe wird erläutert, wie die Inhalte in die Ausbildung einfließen können. Die Auszubildenden können so frühzeitig für die Herausforderungen einer nachhaltigen Arbeitswelt sensibilisiert werden und lernen, wie sie in ihren Berufen einen positiven Beitrag leisten können.
Praktische Integration von Nachhaltigkeit
Die praktische Integration des Themas Nachhaltigkeit in die duale Berufsausbildung erfordert einen breiten Ansatz, der die verschiedenen Aspekte Grundwissen (z. B. 17 Nachhaltigkeitsziele, Praxisinhalte und praktische Umsetzung) umfasst. Hier sind einige konkrete Vorschläge, wie das Thema Nachhaltigkeit in verschiedenen Ausbildungsbereichen umgesetzt werden kann:
1. Vermittlung von Grundlagenwissen: In den Berufsschulen sollten grundlegende Kenntnisse über Nachhaltigkeit und die 17 internationalen Nachhaltigkeitsziele vermittelt werden. Die Auszubildenden sollten ein Verständnis dafür entwickeln, warum Nachhaltigkeit wichtig ist und wie sie in ihrem Berufsumfeld angewendet werden kann. Im Sinne der didaktischen Parallelität kann dieses Wissen direkt im Betrieb anhand praktischer Beispiele wiederholt werden.
2. Praktische Anwendung in Unternehmen: Die Ausbildungsbetriebe sollten Nachhaltigkeit als integralen Bestandteil ihrer Geschäftspraktiken etablieren. Die Auszubildenden sollten die Möglichkeit haben, an nachhaltigen Projekten teilzunehmen und praktische Erfahrungen in der Umsetzung von Nachhaltigkeitsprinzipien zu sammeln. Das kann jeden Unternehmensbereich betreffen: von der Müllentsorgung über die Stromsparpotenziale bis hin zur Klärung, wie man energieautark werden könnte.
3. Fachspezifische Schulungen: Je nach Ausbildungsbereich sollten spezifische Schulungen angeboten werden, um den Auszubildenden die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu vermitteln. Dies kann beispielsweise Schulungen zu Energieeffizienz, Ressourcenmanagement, Recycling oder nachhaltigem Design umfassen.
4. Kooperationen mit nachhaltigen Unternehmen: Die Ausbildungsbetriebe sollten Partnerschaften mit Unternehmen eingehen, die bereits nachhaltige Praktiken implementiert haben. Dies ermöglicht den Auszubildenden, von den Erfahrungen dieser Unternehmen zu lernen und Einblicke in nachhaltige Arbeitsweisen zu erhalten. Gleichzeitig ermöglichen Lernortkooperationen einen Blick über den Tellerrand für die Auszubildenden.
5. Projektarbeit: Die duale Berufsausbildung sollte verstärkt auf projektbasiertes, d. h. handlungsorientiertes Lernen setzen. Die Auszubildenden könnten Projekte durchführen, die sich mit nachhaltigen Lösungen für reale Probleme auseinandersetzen, z. B. die Berechnung einer Umstellung des Fuhrparks auf E-Autos. Dies fördert nicht nur ihre Kreativität und Problemlösungsfähigkeiten, sondern ermöglicht es ihnen auch, ihr Wissen über Nachhaltigkeit in die Praxis umzusetzen.
Projekte, um Ausbildungspersonal zu qualifizieren
In Deutschland gibt es beim BIBB verschiedene Projekte und Initiativen, die darauf abzielen, Ausbildungspersonal für das Ausbilden des Themas Nachhaltigkeit zu qualifizieren.
In der Transferphase hat das BIBB über zwei Jahre 280 Millionen Euro aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in die Verbreitung und Stärkung erfolgreicher nachhaltigkeitsbezogener Weiterbildung des betrieblichen Ausbildungspersonals investiert. Mit der BIBBFörderung „Berufliche Bildung für Nachhaltige Entwicklung im Ausbildungspersonaltransfer 2020 — 2022 (BBNE-Transfer)“ werden bisherige BBNE-Piloten zur Fortbildung nachhaltigkeitsbezogener Ausbildung unterstützt. Dabei wurden besonders die Ergebnisse und Erfolge des Vorhabens hervorgehoben, die dazu beigetragen haben, die Zusammenhänge der Digitalisierung zu verstehen, möglichst weit zu verbreiten und nachhaltig zu etablieren.
Hier sind einige Beispiele:
1. Modellversuch „ANLIN“ – Ausbildung fördert Nachhaltige Lernorte in der INdustrie
Übertragung der Ergebnisse des Modelltests „ANLIN“. Hierzu sollen ANLIN-Ergebnisse stärker im Angebot der Kooperationspartner verankert werden, auch in der Multiplikatorenschulung. Dadurch sollen Auszubildende in der chemischen und (neuen) chemienahen Industrie weitergebildet werden, z. B. im Bereich Kunststoffe. Die Verbreitung sollte auch über enge Netzwerke von Handelsverbänden, Ausbildungs- und Bildungseinrichtungen und anderen Handelskammern erfolgen.
2. Modellversuch „GEKONAWI“ – GEschäftsmodell- und KOmpetenzentwicklung für NAchhaltiges WIrtschaften im Handel“
Übertragung der Ergebnisse des Modellversuchs „GEKONAWI“:
Schulungsanbieter müssen in der Lage sein, Module selbstständig durchzuführen. Das Trainingspersonal wird durch Kurse, Coaching und Mentoring qualifiziert. Auch für andere kaufmännische Berufe sollen die angebotenen Module differenziert und an den Markt angepasst werden. Die Verbreitung und Integration erfolgt national, vollständig digitalisiert durch die WBS Training AG, sowie lokal (Bergisches Land) und durch die Neue Efficiency GmbH als Blended Learning.
3. Modellversuch „KoProNa“ – Konzepte zur Professionalisierung des Ausbildungspersonals für eine NAchhaltige berufliche Bildung und „Pro-DEENLA“ – Proaktive Qualifizierung des Berufsbildungspersonals durch Dynamisch ausgerichtete Entwicklung, Erprobung und Verbreitung Nachhaltiger Lernaufgaben in der dualen Ausbildung Transfer der Ergebnisse aus den Modellversuchen „KoProNa“ und „Pro-DEENLA“. Zentrales Transferprodukt waren die Lernaufgaben von Pro-DEENLA. Diese sollten mittels Weiterbildungen in die betriebliche Praxis transferiert werden. Dazu sollte eine Qualifizierung zunächst von Trainingspersonal (Multiplikatorenqualifizierung) erfolgen, welche dann betriebliches Ausbildungspersonal qualifiziert. Transfer und Verstetigung sollten über die Verbundpartner sowie weitere assoziierte Partner aus den Netzwerken der beiden BBNE-Modellversuche erfolgen.
4. „TraNaxis“ – Transfer von Nachhaltigkeit in die berufliche Aus- und Weiterbildungspraxis durch Multiplikatorenqualifizierung
Alle Modellversuche zielen darauf ab, Kompetenzen für nachhaltiges berufliches Handeln zu fördern. Unternehmen und Bildungseinrichtungen werden unterstützt, nachhaltige Konzepte und Strategien in der beruflichen Bildung zu entwickeln und umzusetzen. Führungskräfte, Personalverantwortliche und Ausbildungspersonal werden sensibilisiert und bei der Neugestaltung der Berufsausbildung unterstützt, z. B. durch Qualifizierungsmodule und Beratungsangebote.
Durch den Bundesverband Deutscher Berufsausbilder e V. kann beispielsweise der Kontakt zu zertifiziertem Trainingspersonal des Projekts TraNaxis hergestellt und die Qualifizierung von Ausbildungspersonal mit IHK-Zertifikat (IHK Rhein-Neckar) durchgeführt werden.
Fazit: Die Integration des Themas Nachhaltigkeit und der 17 internationalen Nachhaltigkeitsziele in die duale Berufsausbildung in Deutschland ist von entscheidender Bedeutung, um die Auszubildenden auf die Anforderungen einer nachhaltigen Arbeitswelt vorzubereiten. Die neuen Standardberufsbildpositionen bieten eine gute Möglichkeit, das Thema in den Ausbildungsplänen zu verankern. Die duale Berufsausbildung sollte ihre Rolle als Vorreiterin in der Ausbildung für Nachhaltigkeit übernehmen und somit einen wichtigen Beitrag zur Schaffung einer nachhaltigeren Gesellschaft leisten.
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