„Erst nach der Ausbildung wurde mir bewusst, wie wichtig das Thema ist.“

5. Dezember 2023

Dieser Beitrag erschien in Auszügen im SKILLS Magazin – Ausgabe 26. Lernen Sie unser Fachmagazin für Kompetenzentwicklung in der Berufsbildung kennen >>

Wie gehen junge Fachkräfte mit großem Druck im Beruf um? Wer sind Ansprechpersonen für sie, wenn Problemsituationen im Betrieb und in der Berufsschule auftreten? Inwiefern achtet der Arbeitgeber auf die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden? War den jungen Fachkräften das Thema Work-Life-Balance bei der Berufs- bzw. Ausbildungsplatzwahl wichtig? Wie schafft man für sich selbst eine ausgewogene Work-Life-Balance und welche Wünsche haben die jungen Menschen für die Zukunft im Umgang mit dem Thema?

Lisa Tiepelmann (23)

Parkettlegerin bei der Tischlerei Kraume in Würdungshausen

Wie gehst du mit großem Druck bei der Arbeit oder in der Berufsschule um?
Mittlerweile konnte ich viel Berufserfahrung sammeln und lasse mich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Zudem halte ich mir vor Augen, dass die Qualität nur mit Ruhe und Konzentration gut wird. Wenn es besonders stressig wird, setze ich mir einen Gehörschutz mit Musik auf und blende alles um mich herum aus.

Mit wem kannst du in einer Problemsituationen im Betrieb und der Berufsschule reden?
Mit meinen Vorgesetzten und den Kollegen.

Gibt es Maßnahmen durch deinen Arbeitgeber, die dir das Gefühl geben, dass auf deine psychische Gesundheit geachtet wird?
Es wird darauf geachtet, dass wir nicht zu viele Überstunden machen.

Ist dir das Thema Work-Life-Balance bei deiner Berufswahl bzw. Ausbildungsplatzwahl wichtig gewesen?
Nein, das Thema wurde erst nach der Ausbildung wichtig, als ich durch Überarbeitung krank wurde.

Was tust du für dich, um eine ausgewogene Work-Life-Balance zu haben?
Ich habe geregelte Zeiten, zu denen ich esse und schlafen gehe, Hobbys, die mir helfen abzuschalten und regelmäßige Treffen mit Familie und Freunden.

Was wünscht du dir für die Zukunft im Umgang mit psychischer Gesundheit und Druck bei der Arbeit?
Es sollten Aufträge nicht zu günstig an die Kunden verkauft werden, denn an den Materialpreisen lässt sich wenig ändern. Um den Preis zu drücken, müssen wir Handwerker immer schneller fertig werden.

Moritz Roth (24)

Mechatroniker und dualer Student für Maschinenbau mit Fachrichtung Konstruktion und Entwicklung bei der Liebherr-Hausgeräte Ochsenhausen GmbH in Ochsenhausen

Wie gehst du mit großem Druck bei der Arbeit oder in der Berufsschule um?
Ich versuche mich meistens selbst zu strukturieren, indem ich mir erst einen Plan mache, wie und in welcher Reihenfolge ich vorgehen möchte und fange dann an, die Dinge schrittweise abzuarbeiten.

Mit wem kannst du in einer Problemsituationen im Betrieb und der Berufsschule reden?
Bei Problemen wende ich mich gerne an Kollegen (sowohl auf der Arbeit als auch in der Schule), von denen ich denke, dass sie evtl. eine Lösung oder zumindest einen Lösungsansatz für mein Problem haben könnten. Und falls dies einmal nicht der Fall sein sollte, findet sich auch häufig im Gespräch eine gemeinsame Lösung.

Gibt es Maßnahmen durch deinen Arbeitgeber, die dir das Gefühl geben, dass auf deine psychische Gesundheit geachtet wird?
Ein grundsätzlich offener Umgang mit Fehlern ist meiner Meinung nach eine der besten Maßnahmen dazu. Bereits in meinem Vorstellungsgespräch sagte mein Vorgesetzter zu mir, dass er eine konstruktive, positive Fehlerpolitik führt – entsprechend dem Gedanken, dass man immer aus Fehlern lernen sollte. Dieser Satz ist mir bis jetzt in Erinnerung geblieben.

Ist dir das Thema Work-Life-Balance bei deiner Berufswahl bzw. Ausbildungsplatzwahl wichtig gewesen?
Das Thema Work-Life-Balance ist mir zwar schon wichtig, steht für mich aber an dritter Stelle. Am wichtigsten ist für mich an erster Stelle der Fokus darauf, dass ich im Beruf (bzw. jetzt auch im Studium) das machen kann, was mir Spaß macht. Dadurch steigt meiner Meinung nach deutlich die Lust, zur Arbeit zu gehen. An zweiter Stelle steht für mich das kollegiale Umfeld, denn wenn etwas doch mal nicht so gut laufen sollte, sind gute Kollegen und ein guter Zusammenhalt im Team essentiell.

Was tust du für dich, um eine ausgewogene Work-Life-Balance zu haben?
In meiner Freizeit fahre ich “zum Abschalten” gerne Mountainbike-Touren (gerne auch mal mit Kollegen), schaue manchmal Filme oder Serien oder bastele an meinem 3D-Drucker.

Was wünscht du dir für die Zukunft im Umgang mit psychischer Gesundheit und Druck bei der Arbeit?
Für die Zukunft wünsche ich mir, dass meine Kollegen und mein Beruf mich fordern und fördern werden. Dabei freue ich mich darauf, mit meinen Kollegen zusammen immer neue Probleme lösen zu können und sowohl von meinen Erfahrungen zu profitieren als auch diese weiter auszubauen.

Anonym (25)

Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten beim Annedore-Leber-Berufsbildungswerk Berlin (ALBBW)

Wie gehst du mit großem Druck bei der Arbeit oder in der Berufsschule um?
Großem Druck bei der Arbeit oder in Berufsschule begegne ich, indem ich die anstehende Arbeit oder Aufgaben in Teilschritte unterteile und mich dabei vor allem auf die wesentlichen Aspekte fokussiere, um den Druck insgesamt zu verringern. Bei schwierigen Aufgaben suche ich auch Unterstützung von erfahreneren Kollegen oder Kolleginnen, lasse mir Tipps und Hinweise zur Bearbeitung geben und gleiche die dann von mir erzielten Ergebnisse mit ihnen ab.

Mit wem kannst du in einer Problemsituationen im Betrieb und der Berufsschule reden?
Bei Problemen in der Berufsschule oder im Ausbildungsbetrieb, stehen mir zunächst der Ausbilder beziehungsweise die Berufsschullehrer zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es im ALBBW weitere Unterstützung durch Psychologinnen und Psychologen, sowie durch weiteres Fachpersonal, um Problemsituationen zu lösen.

Gibt es Maßnahmen durch deinen Arbeitgeber, die dir das Gefühl geben, dass auf deine psychische Gesundheit geachtet wird?
Neben den bereits beschriebenen Maßnahmen zur Unterstützung bei Problemen im Betrieb oder in der Schule, ist die psychische Gesundheit und Stabilität ein wesentlicher Bestandteil jeder Ausbildung im ALBBW. Ausbilderinnen und Ausbilder zeigen bei der Wissensvermittlung Einfühlungsvermögen, und gehen außerdem auch auf besondere Bedürfnisse und Anforderungen der Auszubildenden ein, um so ihre individuellen Fähigkeiten zu stärken und sie auf das Arbeits- und Berufsleben vorzubereiten.

Ist dir das Thema Work-Life-Balance bei deiner Berufswahl bzw. Ausbildungsplatzwahl wichtig gewesen?
Das Thema Work-Life-Balance hat im Laufe meiner bisherigen Ausbildungs- und Berufserfahrung zunehmend an Bedeutung gewonnen und ist mittlerweile ein wesentlicher Faktor bei der Stellensuche und im zukünftigen Arbeitsleben für mich geworden. Ich habe die Folgen beruflicher Überbelastung und die  Vernachlässigung persönlicher Bedürfnisse für vermeintliche Berufs- oder Karrieremöglichkeiten selbst erleben und miterleben müssen, und achte deshalb frühzeitig auf die dabei entstehenden Warnsignale.

Was tust du für dich, um eine ausgewogene Work-Life-Balance zu haben?
Es ist mir wichtig, neben der Arbeit und der Zeit, die ich dafür einsetze, immer auch einen adäquaten Zeitanteil zu haben, in der ich mich bewusst nicht mit den aktuell anliegenden Themen und Aufgaben auf der Arbeit beschäftige. Insbesondere die Wochenenden dienen mir daher ausschließlich der Erholung. Auf der Arbeit achte ich darauf, mich nicht mit zu vielen gleichzeitigen Aufgaben und Projekten zu belasten und setze bewusst Grenzen, wenn ich merke, dass ich meine Möglichkeiten überschreite. Gleichzeitig unterteile ich meine Aufgaben in sinnvolle Teilschritte und achte auch hier darauf den Tag durch unterschiedliche Aspekte abwechslungsreich zu gestalten. Regelmäßige Unterbrechungen und Pausen, auch an der frischen Luft, helfen mir bei der Arbeit fokussiert zu bleiben und neue Energie zu sammeln.

Was wünscht du dir für die Zukunft im Umgang mit psychischer Gesundheit und Druck bei der Arbeit?
Ich wünsche mir für die Zukunft, dass der Erhalt der psychischen Gesundheit sowohl von Arbeitgebern und Arbeitnehmern als wichtige Grundlage für den Erfolg im Berufs- und Arbeitsleben wahrgenommen wird. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass Menschen mit physischen und psychischen Vorerkrankungen mehr Chancen auf Beteiligung und Teilhabe erhalten und ihren Bedürfnissen Rechnung getragen wird. Dabei wünsche ich mir keine spezielle Bevorteilung oder Benachteiligung, sondern, dass ihre individuellen Bedürfnisse, aber auch Erfahrungen anerkannt und bei der Besetzung von Stellen berücksichtigt werden.

Weitere Fachbeiträge und Best-Practices finden Sie im WorldSkills Germany Magazin, dem Fachmagazin für Talentmanagement, berufliche Wettbewerbe und außerschulisches Lernen.

 

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