Wissen vermitteln – ein Praxisbeispiel

20. April 2020

Individuelle Lernmodule flexibel und anpassbar

Dieser Beitrag erschien in Auszügen im WorldSkills Germany Magazin – Ausgabe 22 (April 2022). Lernen Sie unser Fachmagazin für Talentmanagement, berufliche Wettbewerbe und außerschulisches Lernen kennen >>

Nicht erst seitdem Digitalisierung und Industrie 4.0 in aller Munde sind, setzen mehr und mehr Firmen auf das Thema Weiterbildung. Auffällig ist der Trend zu eigenen Inhouse-Lösungen. Bestehende Strukturen wurden in der jüngsten Vergangenheit konsequent ausgebaut. Doch lohnt sich das große Investment für die Unternehmen? Wir haben uns umgeschaut und sind zu Besuch beim baden-württembergischen Unternehmen Sick AG, das bereits in den 70er Jahren eine eigene Ausbildungsabteilung ins Leben rief und in den 90er Jahren eine Akademie gründete. Jetzt hat die hausinterne Weiterbildungsstätte Sensor Intelligence Academy ein neues eigenes Gebäude in Betrieb genommen. Eine gute Gelegenheit, uns umzuschauen und nachzufragen.

Mix aus internen Trainings und externen Angeboten

Die Akademie bietet eine Kombination aus internen Trainings und externen Trainingsangeboten, in einem breiten Spektrum vom Englischkurs über Produkttrainings bis zur Führungskräfteentwicklung. Ziel der Mischung: Externe Trainings zu spezifizieren und an den Bedarf des Unternehmens anzupassen bzw. daran auszurichten. Die über 600 internen Trainer, die diese Tätigkeit „on the Job“ ausführen, geben das Know-how an Mitarbeitende und Kunden/innen des Unternehmens weiter. „Als Akademie sind wir quasi der zentrale ‚Single Point of Entry‘ und schaffen neben dem breiten Trainingsangebot auch gleichzeitig eine Qualitätssicherung, indem wir mit unserem „Training Consulting“ die Fachbereiche in ihren Trainingsentwicklungen didaktisch und methodisch beraten“, so Nico Zimmermann, Head of Sensor Intelligence Academy. und sein Team „Praxisorientiert bedeutet für uns nicht nur, in Trainings Hands-on, also am ‚lebenden Objekt‘, zu trainieren, sondern unsere Kolleginnen und Kollegen auch bei Einsätzen direkt beim Kunden durch entsprechende Senior-Trainer zu unterstützen.“

Sick hat schon vor Corona der digitalen Weiterbildung besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Zu Beginn der Pandemie konnte das digitale Weiterbildungsangebot problemlos ausgeweitet werden, weil die Plattformen und Inhalte schon vorhanden und die Mitarbeitenden es bereits gewöhnt waren, sich mit z. B. E-Learnings weiterzubilden. „Für uns ist das große Ziel, unsere ungelernten Kräfte, Facharbeiter, aber auch Ingenieure zum einen für deren Aufgaben fit zu machen, die sich z. B. durch unsere Produktneuentwicklungen stetig bzw. nahezu täglich verändern. Zum anderen ist es wichtig, unsere Mitarbeiter für die künftigen Veränderungen zu qualifizieren. Insbesondere im Bereich Produktion und Logistik ist dies essenziell wichtig, um das Unternehmen auch in der Zukunft wettbewerbsfähig und innovativ zu halten“, skizziert der Leiter der Business Unit, Nico Zimmermann, die Aufgabe der neu eingeweihten Einrichtung. Zimmermann und sein Team legen Wert darauf, dass man bei Sick nicht nur die digitale Strategie als alleinige Form praktiziert, sondern auch hier die Mischung der richtige innovative Weg ist: „Wir kombinieren im sogenannten Blended Learning-Format digitales Lernen mit dem typischen Präsenzlernen. Ob das Training im virtuellen oder physischen Raum stattfindet, ist für den Teilnehmer und uns irrelevant. Die Zukunft liegt also im hybriden Raum.“

Praxisorientiert und mit Co-Creation-Methodik

Das baden-württembergische Unternehmen setzt mit seiner Akademie bei der Weiterbildung auf die Co-Creation-Methodik. Nico Zimmermann: „War es in der Vergangenheit gang und gäbe, dass man den Teilnehmern Wissen à la ‚Nürnberger Trichter‘ vermittelte und der Trainer Training und Inhalt auch zum x-ten Mal in gleicher Form durchgeführt hat, verändern wir dies nun in einer gemeinsamen Inhaltsentwicklung innerhalb des Trainings.“ Gemeint ist, dass vorab die wirklichen Bedarfe des Kunden oder Mitarbeitenden erfasst werden und das Training spezifisch dafür entwickelt wird. Teilnehmende bringen also ihre technischen Anforderungen mit in die Veranstaltungen und entwickeln gemeinsam mit den Sick-Expertinnen und -Experten individuelle Lösungen. Ziel sei es, den Trainingsinhalt agil im Verlauf des Trainings anzupassen, sodass im Vordergrund die Erfüllung des Bedarfs steht. Einen Schwerpunkt setzt das Unternehmen in der Weiterbildung auch darauf, die Fach-, Methoden- und Sozialkompetenzen der Mitarbeitenden zu erweitern, ein Kompetenzmodell, dass Sick vor circa sechs Jahren entwickelte. Nico Zimmermann: „In Trainings wird z. B. praxisnah vermittelt und diskutiert, wie man beim Thema ‚Innovation & Wirksamkeit‘ andere inspirieren und dies erfolgreich umsetzen kann (Sozialkompetenzen), dabei Leistung fordert und fördert, um den Wandel zu meistern (Führungskompetenzen) sowie fachspezifisches Wissen und entsprechende Methoden zum Einsatz bringen kann (Fachkompetenzen). Oder nehmen wir einen anderen Schwerpunkt: ‚Respekt & Vertrauen‘. In der Akademie zu trainieren, wie nachhaltig kommuniziert und offen kooperiert wird (Sozialkompetenz), man Sensor sein und die Vielfalt im Team erschließen kann (Führungskompetenz) sowie Vertrauen in die Fachkompetenz anderer entwickelt und diese anerkennt, hilft bei der Lösung von Aufgaben im Alltag bei Sick.“ All dies schaffe auch den Bezug zu den sogenannten Performance Dialogen, die jährlich zwischen Mitarbeiter und Führungskraft geführt werden. In diesen Gesprächen wird ein Rückblick, also was im Bereich der Kompetenzentwicklung geschehen ist, und Ausblick, also welche Entwicklungsziele für den Mitarbeiter definiert werden, gegeben. „Die unterschiedlichen Organisationseinheiten im Unternehmen entwickeln für die Kompetenzbereiche Trainingsinhalte oder definieren die Ziele, die wir als Akademie dabei verfolgen sollen“, erklärt Zimmermann.

Belege dafür, dass die Sick-eigene Akademie und ihre Weiterbildung förderlich für die berufliche Entwicklung junger Mitarbeitender war und ist, gibt es viele. Auszubildende und junge Techniker/innen haben von den Angeboten profitiert, durch zusätzlich erworbenes Know-how, Umschulungen und Weiterqualifizierungen einen Qualitätssprung nicht nur in ihrem eigentlichen Berufsumfeld erreicht. So sind Simon Trautmann und Dr. Martin Grafmüller als Goldmedaillengewinner bei den WorldSkills 1997 bzw. 2001 heute Senior Projektmanager im Entwicklungsbereich bzw. nach Promotion Teamleiter und Entwicklungsingenieur bei SICK. Der WorldSkills-Teilnehmer von 2013 in Leipzig, Silas Gschwender, hat nach der Ausbildung studiert und ist heute internationaler Applikationsingenieur im Unternehmen. Aber auch andere WorldSkills-Teilnehmer und -Experten wie der Akademieleiter Nico Zimmermann selbst, Andreas Kuri, Lukas Adler und weitere sind allesamt heute in verantwortlichen Positionen im Unternehmen zu finden. Seit 1997 haben insgesamt 21 Sick-Mitarbeiter in den Wettbewerben Industrieelektronik, Mechatronik, Technische/r Zeichner/in, Fachinformatik oder Industrie 4.0 die deutschen Farben bei den WorldSkills vertreten – und Medaillen und gute Platzierungen erzielt. Deutlich wird: Unternehmen wie Sick waren, sind und bleiben erfolgreich, wenn sie beständig mit innovativer Qualifizierung die Mitarbeitenden fit für Herausforderungen wie die Digitalisierung machen.

Weitere Fachbeiträge und Best-Practices finden Sie im WorldSkills Germany Magazin, dem Fachmagazin für Talentmanagement, berufliche Wettbewerbe und außerschulisches Lernen.

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Die hervorragend ausgerüsteten Schulungsräume der Academy. (Foto: Sick AG)

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