Einer, der sich gern die Finger schmutzig macht – Stuckateur-Europameister Valmir Dobruna

20. Juli 2021

Mit kühlem Kopf und klaren Vorstellungen zum Erfolg

In diesem Beruf muss man nicht nur auf den Putz hauen, sondern auch filigran und kreativ arbeiten können – zwei vermeintliche Gegensätze, die den besonderen Reiz dieses Berufs ausmachen. Ein Reiz, dem Valmir Dobruna erlegen ist: Er ist Stuckateur aus Leidenschaft. Die Liebe zum Beruf scheint ihm bereits in die Wiege gelegt worden zu sein, schon der Vater war Stuckateurmeister.
Valmir ist seinen Weg mit einer Vehemenz und geplanten Akribie gegangen, die staunen lässt: Heute, mit 29 Jahren, ist er bereits erfolgreicher Unternehmer. Vor fünf Jahren hat er sich selbstständig gemacht, inzwischen beschäftigt er zwei Mitarbeiter und einen Auszubildenden. Mit Druck kann er ebenso gut umgehen: Bei den EuroSkills 2014 im französischen Lille gewann er mit seinem Teamkollegen Marc Armbrüster die Goldmedaille im Wettbewerb der Stuckateur*innen – inklusive einer drehbuchreifen Schrecksekunde.

Wenn der Erfolg zwischen den Fingern zu zerrinnen droht

Zwei Monate lang bereiteten sich die beiden intensiv auf den Wettkampf vor. Bei den EuroSkills in Lille lief dann zunächst alles nach Plan – bis zum letzten Aufgaben-Modul: Valmir und Marc hatten zwei Stunden Zeit, um ein Projekt ihrer Wahl zu verwirklichen. „Wir haben zwei Abgüsse von unseren Gesichtern an einer Wand angebracht und dazu zwei Arme mit Händen, die aus der Wand herauskamen. Auf jede Hand stellten wir einen Teller. Auf dem einen platzierten wir einen Bierkrug und eine Brezel, auf dem anderen ein Croissant und ein Glas Wein. Im Hintergrund brachten wir die deutsche und die französische Flagge an, um die Freundschaft der beiden Länder zu symbolisieren“, berichtet er.

Valmir Dobruna und Marc Armbrüster jubelten über die Goldmedaille bei der EM der Berufe. (Foto: Jörg Wehrmann)

Kurz vor Schluss dann der hollywoodreife Schreckmoment: Valmirs Teamkollege Marc wollte den Bereich unter der Installation säubern und stieß dabei unglücklich mit dem Kopf an einen der beiden Arme. Dabei brachen drei Finger ab. Ein Schock, nicht nur für die beiden Wettbewerbsteilnehmer: „Alle haben es gesehen. Ich hatte das Gefühl, dass sämtliche Zuschauer in der Halle die Luft angehalten haben“, erinnert er sich. Nach einem kurzen Moment der Starre besannen sich die beiden auf ihre akribische Vorbereitung und klebten die Finger kurzerhand wieder an: „In dieser Situation hat es uns sehr geholfen, dass wir solche Notfälle im Training bereits geprobt hatten. Dadurch haben wir die Nerven bewahrt und gut reagiert“, erzählt Valmir. Das fand auch die Wettkampf-Jury, denn neben dem Titel als Europameister errangen die beiden Stuckateure zudem die höchste Punktzahl im gesamten deutschen Team und sicherten sich damit die besondere Auszeichnung „Best of Nation“ und eine weitere Goldmedaille.

Worauf es ankommt

Flexibles und kreatives Denken, wie es die beiden deutschen Teilnehmer in der Ausnahmesituation eines internationalen Wettbewerbs unter Beweis gestellt haben, sind im Berufsalltag als Stuckateur*in genauso gefragt wie sorgfältiges Arbeiten. Denn in diesem Beruf ist das Geschaffene für alle sichtbar: Stuckateur*innen bearbeiten Innenwände und -decken, Fußböden und komplette Fassaden. Besonderes Geschick ist bei der Restaurierung alter und erhaltenswerter Bausubstanz oder bei Denkmälern gefragt – hier zahlt sich künstlerisches Gespür aus. Mit das Schönste am Beruf ist sicherlich das Gefühl, etwas geschaffen zu haben, das die Menschen tagtäglich vor Augen haben.

Drei abgebrochene Finger sorgten kurz vor Schluss nochmals für Anspannung. (Foto: Jörg Wehrmann)

Zukunft im Blick

Direkt vor Augen hatte Valmir auch seinen Berufsweg: Er absolvierte zunächst eine Ausbildung als Maler und Lackierer, ehe er sich direkt im Anschluss der Stuckateurslehre widmete. Den Weg zu den internationalen Wettbewerben verfolgte er ebenso zielstrebig: „Als ich während meiner Ausbildung vom Nationalteam der Stuckateure gehört habe, war für mich sofort klar: Da will ich dabei sein!“, erzählt Valmir noch heute begeistert. Einfach war das nicht, denn auf dem Weg zur späteren Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb musste er sich zunächst geschlagen geben: Für die WM in Leipzig 2013 schaffte es Valmir nicht, sich zu qualifizieren. Doch aufgeben ist keine Option – eine Eigenschaft, die ihm später den Titel des Europameisters einbringen sollte. Diese Erfahrung des Scheiterns spornte ihn an, sich im nächsten Jahr umso mehr anzustrengen: „Ich war in Leipzig als Zuschauer dabei und habe mir gesagt, dass ich unbedingt bei den kommenden Europameisterschaften antreten will.“ Eine Willensbekundung, die er wahrmachen sollte.

Lernen fürs Leben

Die Erfahrungen im Nationalteam und bei den Wettbewerben haben den Maler- und Stuckateurmeister persönlich und beruflich weitergebracht. Er ist an den hohen Leistungsanforderungen gewachsen und hat gelernt, mit Druck umzugehen: „Natürlich verändert es einen, wenn man vor so vielen Zuschauern seiner Arbeit nachgehen und unter Zeitdruck zeigen muss, was man kann. Das nimmt man für die Zukunft mit und bleibt dann ganz entspannt, wenn es einen Job auf den Punkt zu bringen gilt oder wenn einem Kund*innen, Auszubildende oder Kolleg*innen bei der Arbeit zusehen.“ Diese Zielstrebigkeit, gepaart mit dem nötigen Biss, hat Valmir nicht nur bei Wettbewerben erfolgreich gemacht, sondern ihm auch seinen großen Traum ermöglicht: „Mir war früh klar, welchen Weg ich gehen und welche Ziele ich erreichen wollte: Erst die Ausbildungen, dann das Nationalteam und die internationalen Wettbewerbe, später die Meisterschule und die Selbstständigkeit. Ich wollte schon immer mein eigener Chef sein, das war ein großer Traum von mir und ich bin sehr froh, dass ich ihn verwirklichen konnte.“

Mehr Informationen über den Zukunftsberuf „Stuckateur*in“ gibt es auf https://www.bauberufe.net/stuckateur.html

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Valmir Dobrunas übt sein Handwerk als Maler- und Lackierer sowie als Stuckateur und Trockenbauer mit großer Leidenschaft aus. (Foto: Valmir Dobruna)

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