„Mama, jetzt bin ich glücklich!“

27. Juli 2021

Zimmerer-Weltmeister Alexander Bruns entschied sich bewusst für eine Lehre

Dieser Beitrag erschien in Auszügen im WorldSkills Germany Magazin – Ausgabe 20 (August 2021). Lernen Sie unser Fachmagazin für Talentmanagement, berufliche Wettbewerbe und außerschulisches Lernen kennen >>

Nach seinem Golderfolg bei den WorldSkills 2019 in Kasan wurde Zimmerer-Weltmeister Alexander Bruns von seiner Mutter im SWR-Fernsehen mit den Worten zitiert: „Mama, jetzt bin ich glücklich!“ Sein großes Glück war, dass er die Lehre zum Zimmerer dem Abitur vorgezogen hatte und bei den Berufswettbewerben Europa- und Weltmeister wurde. Wir sprachen mit dem 24-Jährigen über Glück, Erfolg, aber auch Stress und Angst während seiner Ausbildungszeit und bei den Wettbewerben.

Wie kam es zu Deiner Aussage „Mama, jetzt bin ich glücklich!“?
Ich hatte auf der Schule nicht die allerbeste Zeit. Es war für mich viel zu viel Theorie. Mit dem Beginn meiner Ausbildung als Zimmerer habe ich morgens den Sinn für mein Aufstehen gesehen. Ich lernte viel, was mich wirklich interessierte. Das hat mich glücklich gemacht.

Grund zum Jubeln: Zimmerer Alexander Bruns war bei den WorldSkills Kasan 2019 eine halbe Stunde vor Ablauf des Wettkampfs fertig. (Foto: Anja Jungnickel)

Wie bist Du zum Zimmererhandwerk gekommen und was sagten Deine Eltern zu Deinem Wunsch nach einer Ausbildung?
Nach einem Praktikum in der 9. Klasse Gymnasium bin ich in meinem späteren Ausbildungsbetrieb hängengeblieben. Ich war sofort vom Holzbau fasziniert. Meine Eltern stellten nur eine Bedingung an mich. Wenn ich die Schule für die Lehre nach der 10. Klasse beende, dann muss ich die Lehre auch abschließen. Das war für mich keine Frage. Es war genau mein Ding. Ich bin super durchgekommen und habe bei der Deutschen Meisterschaft in den Bauberufen den zweiten Platz gemacht.

Was war Dein größter Glücksmoment in der Ausbildung und bei den internationalen Berufswettbewerben?
Bei der Ausbildung war es der Erhalt des Gesellenbriefes. Ich hatte eine super solide Prüfung hingelegt. Bei den Wettbewerben war es nicht das WM-Gold. Die WM war ein krasses Erlebnis und für mich ein einziger Höhenflug, bei dem ich alles gegeben und alles erreicht habe. Viel bedeutender für mich war das Glücksgefühl beim Abpfiff bei der Zimmerer-Europameisterschaft 2018 in Luxemburg ein Jahr zuvor. Ich war bescheiden in den Wettbewerb gestartet, war blauäugig an die Aufgabe gegangen und hatte mich von allem verabschiedet, auch von einem fertigen Dachstuhlmodell. Und dann hatte ich trotz der eher schlechten drei Tage ein fertiges Modell stehen, saß beim Abpfiff heulend auf dem Boden und die Zuschauer haben mir applaudiert. Das war Freude, Überraschung und Glück pur für mich.

Hast Du Stressmomente in der Ausbildung und bei Wettbewerben gespürt?
Für die Ausbildung muss ich wirklich schwer überlegen. Viele waren es nicht, jedenfalls fachlich. Nur mein Rollerunfall in der Zeit hat bei mir für Stress gesorgt, ob ich auch künftig auf dem Dach stehen kann. Kann ich zum Glück. Bei den Wettbewerben hatte ich immer wieder Zweifel an mir. Schaffe ich das, die anderen sind auch gut und kommen gut vorbereitet. Vor der Zimmerer-EM gab es fünf Anwärter, aber nur drei Plätze und ich hatte mein Modell komplett versemmelt. Ja, das war schon Stress. Vor der WM-Auswahl hatte ich auch einen starken Konkurrenten. Ich habe später auch so viel gegeben, weil ich immer deutlich machen wollte, dass sich meine Trainer für den richtigen Mann für die WM entschieden hatten.

Wie sah es mit Angst aus?
Die Ausbildung lief einfach so durch. Bei der Wettbewerbsvorbereitung kam immer wieder die Frage auf, ob ich das kann. Man erlebt ja auch Rückschläge, man weiß von den Zuschauermengen bei WorldSkills und dem Druck, als Europameister ins Rennen zu gehen. Hier hat mir das Mentaltraining von WorldSkills Germany richtig gut geholfen, stabil zu bleiben. Angst um die WorldSkills hatte ich nach einem Radunfall wenige Wochen vor der WM. Aber zum Glück erholte sich meine Schulter doch schneller und am Ende tat mir die dreiwöchige Trainingspause sogar gut, weil alles aus dem Training einfach sacken konnte.

Du hast viel erlebt, vor allem bei den Wettbewerben. Deine Antwort auf die Frage „Mitmachen oder nicht mitmachen“?
Machen, es ist gar keine Frage. Die drei Jahre nach meiner Gesellenprüfung bis zum WM-Gold waren eine großartige und einmalige Erfahrung in meinem Leben. Das hat mich geprägt und wird auch meinen beruflichen Lebenslauf prägen.

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Alexander arbeitete nicht nur schnell, sondern auch extrem präzise und sicherte sich damit die Goldmedaille. (Foto: ZDB/Jonas Seidel)

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